Der deutsche MotoGP-Fahrer Stefan Bradl hat bei 7. Grand Prix der Saison 2015 in Barcelona sein bis dato bestes Saison-Ergebnis erzielt. Der Athina Forward Racing-Pilot konnte nach seinem 8. Platz und der gewonnen Open-Class-Konkurrenz erstmals in dieser Saison nach einem Rennen aufgrund der Platzierung lächeln. In den Rennen zuvor hatten elektronische Probleme ein ähnliches Ergebnis trotz Bradls außergewöhnlichen fahrerischen Fähigkeiten verhindert.

Interview mit Stefan Bradl

Stefan Bradl

Nach seinem 8. Platz gab Stefan Bradl im Rahmen eines von uns für Eurosport geführten Interviews ausführlich Auskunft über das Rennen und die bevorstehenden Aufgaben.

Armin Bichler: Hat man schon lange nicht mehr gesehen! Einen lächelnden Stefan Bradl nach dem Rennen. Platz 8 – Respekt dafür! Kannst du dieses MOTOGP-Wochenende in Barcelona zusammenfassen?

Stefan Bradl: Grundsätzlich ist es mal Zeit geworden, dass wir endlich ein gutes Ergebnis einfahren. Wir wissen, dass wir mehr Potential haben, als wir in den ersten Rennen gezeigt haben. Wir haben über das Rennwochenende gut gearbeitet. Die Elektronik funktioniert seit Mugello deutlich besser. Und dadurch haben wir auch weniger Probleme und können uns mehr Zeit fürs Motorrad nehmen und uns mit der Geometrie und dem Chassis beschäftigen. Wir kommen vorwärts. Ich habe nicht erwartet, dass das erste Saisondrittel so schwierig wird mit der Elektronik. Das konnte keiner vorhersehen. Aber da muss man durch. Jetzt müssen wir den Flow zum nächsten Rennen nach Assen mitnehmen. Allgemein haben wir einen guten Job an diesem Wochenende gemacht und im Rennen unsere Leistung abgerufen. Dann können wir jedes Mal um einen Top-Platz in der Open-Class mit kämpfen.

AB: Du hast vor dem Wochenende gesagt, du willst in der Open-Class noch ein Wörtchen mitsprechen. Das war jetzt ein sehr lautes Wort. Wie lief das Rennen aus deiner Sicht?

Stefan Bradl: Ich wusste von Anfang an, dass es wichtig ist, im Sattel zu bleiben. Ich wusste aus den letzten Jahren, dass viele stürzen. Dass soviele stürzen, hätte ich aber nicht gedacht. In dem Fall war es Glück für mich, dass ich sogar noch in die Top10 gekommen bin. Das wichtigste war am Anfang ruhig zu bleiben und nicht zu stark zu pushen, weil es leicht ist das Vorderrad zu verlieren. Vor allem, weil bei diesen heißen Bedingungen hier lässt der Hinterreifen extrem schnell nach und der Vorderreifen hat sehr viel stress. Diesen muss man dann umso ruhiger behandeln, was mir gut gelungen ist. Wir haben eine gute Setup-Modifikation gemacht. Als ich schließlich an Petrucci vorbei gekommen bin, konnte ich meine Leistung abrufen und meinen Rhythmus fahren. Ich bin natürlich happy unter den ersten Acht zu sein.

AB: Hast du noch auf Scott Redding (7.) geschielt? Der bestimmt noch in Sichtweite war.

Stefan Bradl: Ich habe ihn nur im Augenwinkel gesehen, wusste aber nicht, ob es ein Überrundeter ist. Hab mich dann nur auf meinen Job konzentriert. Es war auch wichtig die letzten Runden noch konzentriert zu bleiben, weil es ist so leicht einen Fehler zu machen. Man hat es gesehen, dass Aleix Espagaro zu Schluss noch gestürzt ist. Deswegen war es umso wichtiger für das Team und mich, dass wir einen Aufwind bekommen und der tut uns allen extrem gut.

AB: Ein richtiger Befreiungsschlag? Nächstes Rennen ist am 27. Juni in Assen (Holland). Wie liegt dir die Strecke?

Stefan Bradl: Generell freue ich mich auf Assen. Es ist ein kleines Heimrennen, weil viele deutsche Fans dorthin kommen. Aber es ist von der Strecke nicht so einfach. Es ist ein sehr großer Unterschied zu den Rennen in Mugello und Barcelona, die sich sehr ähnlich sind. Ich hoffe wir werden nicht allzuviele Elektronik-Probleme haben.

AB: Und wie wars letztes Jahr dort für dich?

Stefan Bradl: Ich bin in der Aufwärm-Runde gestürzt. Es war ein ziemliches Hick-Hack, obwohl ich noch 10. geworden bin. Es war ein Flag-to-Flag-Race und wir mussten Motorräder tauschen. Also nicht ein besonders erfolgreiches Wochenende, aber ich glaube, dass wir es dieses Jahr besser machen können.

Infos zu Stefan Bradl

Stefan Bradl wurde 1989 geboren und ist der Sohn des 250ccm-Vize-Weltmeisters von 1991, Helmut Bradl.

Er wurde 2012 Moto2-Weltmeister und fuhr in den darauffolgenden Jahren in der MotoGP für Honda LCR. Seine beste MotoGP-Platzierung (stand: 17.06.2015) war der zweite Platz in Laguna Secca (USA) 2013. In diesem Jahr wurde Bradl auch 7. in der WM-Gesamtwertung (156 Punkte). 2014 konnte er nicht ganz an diese Leistung anknüpfen und er wurde mit 117 Punkten 9. in der MotoGP-Weltmeisterschaft. Das LCR Honda Team zögerte eine Vertragsverlängerung mit Bradl hinaus, woraufhin dieser das Angebot von Forward Racing annahm und in der Saison 2015 auf einer Yamaha startete.

Weitere Infos zu Stefan Bradl

Bradls Saison 2015

In den ersten sechs Saison-Rennen sorgten Elektonik-Probleme durch fehlerhaftes Data-Recording der Firma Magnet Marelli für häufige Ausfälle.

Verletzung in Assen und Skandal im Forward Team

Beim achten Saison-Rennen in Assen (Holland) stürzte Bradl im Rennen und zog sich einen Kahnbeinbruch in der rechten Hand zu. Dieser wurde operiert und ihm wurde eine Schraube eingesetzt. Durch die Verletzung verpasste Bradl seinen Heim-Grand-Prix am Sachsenring am 12. Juli. In Folge dieses Grand-Prix wurde der Team-Manager des Athina Forward Racing Teams, Giovanni Cuzari, wegen Verdachts auf Geldwäsche und Steuerhinterziehung verhaftet. Als daraufhin Hauptsponsor Athina absprang wurde das Geld knapp und das Team verzichtete auf das Rennen in Indianapolis. Nach einer juristischen Beratung zog Stefan Bradl die Reißleine und kündigte seinen Vertrag mit sofortiger Wirkung. Am 1. August vermeldete Bradl auf seiner Facebook-Seite, dass er für den Rest der Saison für Aprilia Werksteam fährt, das kurz zuvor Marco Melandri wegen schlechten Leistungen entlassen hatte. Damit wird Bradl der neue Team-Kollege von Alvaro Bautista, der seit Beginn der Saison 2015 für Aprilia fährt.

Ab dem MotoGP in Assen wird Stefan Bradl als Motorrad-Promi der Kampagne “Runter vom Gas” für das deutsche Verkehrsministerium auftreten, bei der es darum geht eine Warnweste im Straßenverkehr wegen der besseren Sichtbarkeit zu tragen.